In 2016, wie auch in diesem Jahr, fand aus zeitlichen Gründen kein Besuch der JOYBELLS-School im unmittelbaren Anschluss an die Projektebetreuung in Ladakh statt. Bei Rückreise aus Ladakh im Sept. 2016 hatten wir die Schulleiter jedoch, wie berichtet, zu Austausch und Besprechung der wichtigsten Begebenheiten in Delhi treffen können. Nicht nur von Deutschland, auch von Ladakh aus benötigt man für die Fahrt zu dieser Schule in der niedrige-ren Himalaya-Region fast 2 Tage - nicht selten standen so 4 Tage für An- und Abreise in schlechtem Verhält-nis zu einem Aufenthalt von 3 oder vier Tagen. Zur Projektbetreuung und zur lange gewünschten Aufnahme in das DENTAL-HEALTH-Programm wurde die Schule in einem gesonderten Aufenthalt vom 20.11. bis 05.12. durch Hannelore Pichlbauer und Dr. Andreas Grützner besucht, der bereits im Sommer 2016 von der Leitung des DHP mit der zahnärztlichen Betreuungdieser Schule beauftragt worden war.
Aufenthalt zur Projektbetreuung JOYBELLS-School, Dehradun - 2017
Bei Ankunft am Nachmittag des 21.11. fanden wir alle Kinder sehr beschäftigt vor mit Vorbereitungen für den Ge-burtstag der Schulleiterin Joy Althea Singh am nächsten Tag. Der erste Tag in der JOYBELLS-School war daher mehr dem Ankommen (in festlicher Atmosphäre) gewidmet.
Hierbei fiel vor allem auf, dass die Zahl der Schüler sich verringert hat. Gegenüber 2015 mit ca. 40 SchülerInnen, sind es derzeit nur 26. Die Tatsache, dass ältere SchülerInnen mit 16/17 Jahren nun ein Alter erreichen, in dem sie als mögliche Unterstützer der bedürftigen Ursprungsfamilie durch diese 'eingefordert' werden, scheint einer derHauptgründe dafür zu sein. Von einem gemeinschaftlich durchgeführten Besuch der Angehörigen in der extrem abgelegenen Heimatregion vieler Kinder in Arunachal Pradesh, kamen aus diesem Grund in 2016 7 Kinder nicht wieder mit zurück an die JOYBELLS-School. Auch vier der ältesten SchülerInnen aus Ladakh verließen die Schule auf Wunsch der Familie(n). Obwohl ein solcher Ausbildungsabbruch (bei oft besten schulischen Leistungen und hoher Motivation der Kinder zur Fortsetzung) überaus bedauerlich ist, bleibt der Schulleitung letztlich keine Wahl, als dem Wunsch der Eltern oder Angehörigen zu entsprechen.
Am Folgetag fanden erste Besprechungen zur Einrichtung und Strukturierung des DENTAL-HEALTH-Pro-gramms an der Schule statt. In Anbetracht der - auch mit angenommenen 40 SchülerInnen und Betreuern -relativ geringen Zahl von Behandlungsbedürftigen und der guten zahnärztlichen Infrastruktur in der nahen Großstadt Dehradun, erwies sich das durch uns vorgesehene Konzept, von der Einrichtung eines zahnärztli-chen Behandlungsplatzes in den Räumlichkeiten der Schule (und dem damit verbundenen, hohen Investiti-ons- und Unterhaltungsaufwand) abzusehen, als besonders sinnvoll.
Die zahnmedizinischen Maßnahmen direkt an der Schule fokussieren sich auf die Optimierung der persönli-chen Mundhygiene und regelmäßige Vorsorge- und Kontrolluntersuchungen. Dr. Grützner wird hierzu die Schule in einem halben Jahr und danach in ca. jährlichem Turnus wieder besuchen. Für die Behandlung der Kinder (Versiegelungen, Füllungen, Kieferorthopädie und Extraktionen) konnte mit Unterstützung von Col. S.S. Singh aus mehreren Empfehlungen eine lokale Praxis gefunden werden, die zugünstigen Bedingungen den kind- und zeitgemäßen, fachlichen Anforderungen entspricht. Hiervon überzeugten sich Dr. Grützner und Hannelore Pichlbauer zusammen mit der Schulleiterin bei einem Besuch der Klinik, der die zahnärztliche Praxis angegliedert ist. Alle zahnärztlichen Maßnahmen werden von Dr. Grützner betreut, kontrolliert und in einer Patientenaktedokumentiert. Das Konzept erhielt die volle Zustimmung der Schulleitung.
Um die fachgerechte zahnärztliche Vorsorge sicherzustellen, fand zu Beginn unseres Aufenthaltes auch ein Treffen mit Dr. S.K. Sharma (einem Experten im Bereich natürlicher Fluoridierung des Wassers) statt, den Dr. Grützner bei Vorbereitung des Aufenthaltes zur Klärung der Wasser-Gegebenheiten in der Region Dehradun bereits kontaktiert hatte. Vor ihrer zahnärztlichen Untersuchung wurde alle Schüler, aufgeteilt in 3 Altersgruppen, mit Bildvorträgen zum The-ma 'Karies Prophylaxe' alternsgerecht instruiert und moti-viert.
Mit drei (altersentsprechenden) Bildvorträgen zum Thema 'Zahn und Gesundheit' und anschließender Diskussion mit den SchülerInnen startete Dr. Grützner die wichtige Auf-gabe der Vorsorge. Vor der zahnärztlichen Untersuchung jeden Kindes, war die umfangreiche Vorbereitung und Reinigung des Behandlungsraumes erforderlich. Der dort vorhandene, zahnärztliche Behandlungsstuhl eignete sich nur zur proviso-rischen Lagerung der Patienten.
Viel Zeit erforderte vor allem das Sichten, (Aus-)Sortieren und fachgerechte Entsorgen von umfangreichen Bestän-den zahnärztlicher Materialien, Werk-zeuge und Geräte, die sich in vielen Jahren unkoordinierter 'Behandlungs-besuche' an der Schule angesammelt hatten. Das uns häufig begegnende Zurücklassen und (aufgrund un-koordinierter zahnärztlicher Einsätze) Ansammeln auch hoch-giftiger Substanzen (z.B. Quecksilber), ist durch das später 'unbedarfte' Umgehen fachfremder Menschen damit, eine erste Gefahr für Menschen und Umwelt vor Ort.
Nach Untersuchung und Dokumentation der Mundgesundheit der Kinder wurde die Schulleitung durch Dr. Grützner über die (relativ erfreulichen) Ergebnisse informiert und es wurden Empfehlungen für notwendige individuelle Maß-nahmen durch die lokale Zahnärztin gegeben. Die Schulleitung versprach umgehende Kontaktaufnahme zur baldmöglichen Terminierung entsprechender Behandlungstermine. Mit Kauf/Vorhaltung von Zahnbürsten und Zahnpasta in ausreichender Anzahl/Menge wurde der Bedarf bis zum vorgesehenen Besuch durch Dr. Grützner im Frühjahr 2018 sichergestellt.
Derzeit werden SchülerInnen im Alter von 6 bis 16 Jahren an der JOYBELLS-School unterrichtet durch dieSchulleiterin Joy Althea Singh und Volontär-Lehrer aus USA und Europa. Ab der 6. Klasse nehmen die Kinder am 'Digital Learning' eines amerikanischen Colleges teil, mit dem ein Kooperationsvertrag zur Ausbildung bis zur 12. Klasse (international anerkannte Hochschulreife) besteht. In Zusammenhang mit unserer Unterstüt-zung für diese Weiterbildung berichteten wir detaillierter darüber in den vergangenen Aufenthaltsberichten. Dank Kauf eines neuen Klassenraum-Beamers, den der Verein im Frühjahr unterstützte ist störungsfrei funk-tionierender Unterricht wieder möglich. Beeindruckt hat uns auch diesmal wieder, wie oft man SchülerInnen zu jeder Tageszeit intensiv lernend bei-einander sitzen sieht auch außerhalb regulärer Schulstunden. Um die Ausbildung der derzeitigen HeimschülerInnen bis zu einem gewünschten (Hoch-)Schul- oder Berufs-bildungsabschluss finanziell sicherstellen zu können, werden derzeit keine weiteren SchülerInnen jahr-gangsmäßig aufgenommen. Die Weiterführung und der Generationswechsel in der Leitung der Heimschule, die finanziell weitgehend durch die Familie(n) der derzeitigen Schulleiter Joy Althea und Col. S.S. Singh getragen wird, sind aktuell und in naher Zukunft ein zentrales Thema, das zur Diskussion steht.
Wie bisher werden auf dem Schulgelände Gemüse, Obst und Kräuter zur Deckung des Eigenbedarfs angebaut und zum geringfügigen Ver-kauf verarbeitet. Stolz zeigten die Kinder uns die in der nordindischen Wintersaison gerade angebauten Gemüsesorten: (Süß-)Kartoffeln, Tomaten, Paprika, Zwiebeln, Auberginen, Karotten, Brokkoli, Kohl, Rettich, Spinat, Rote Bete, Gewürze und viele weitere indische. Ebenso trägt die kleine Tierfarm mit 8 Kühen, Hühnern, Ziegen und Gänsen bei zur Selbstversorgung und Vermarktung. Der geplante Aufbau einer kleinen Produktionsstätte für Molkereiprodukte wird durch den Weggang älterer SchülerInnen und die rigiden Vorgaben der derzeitigen, radikal-hinduistischen Regierung hinsichtlich der Unantastbarkeit der (heiligen) Kühe im Moment nicht weiter verfolgt. Die verantwortungsvolle Versorgung alter Kühe ist ein ungelöstes Problem, viele Tierärzte lehnen Behandlung kranker und/oder schwacher Tiere ab, um nicht in den (strafgefährdeten) Verdacht zu geraten, den Tod einer (heiligen) Kuh verursacht zu haben. Zur Sicherung des Eigenbedarfs und der Einnahmequelle will die JOYBELLS-School dennoch durch Zukauf junger Kühe den Bestand an milchgebenden Tieren aufrecht erhalten. Der Kauf von 2 oder 3 weiteren Kühen ist geplant. Die Reparatur der Wasserversorgung (durch Brunnenbohrung und Pumpe auf einem ca. 2 km entfernten Grundstück), deren Zusammenbruch die Menschen, Tiere und Pflanzen in der JOYBELLS-School im Frühjahr 2017 in akute Versorgungsnot brachte, konnte durch eine großzügige Spende eines unserer langjährigen Unterstützer schnell durchgeführt werden und funktioniert seither bestens. Täglich wird der unterirdische Wassertank auf dem Schulgelände durch Transport mit Hilfe des 2013 durch den Verein finanzierten, kleinen Traktors befüllt. Dieser Tank stellt auch die Funktion der neuen, intensiv arbeitenden Waschmaschine sicher, deren Kauf der Verein unterstützte.
Altersentsprechend werden die Kinder der JOYBELLS-School neben der schulischen und kreativen Ausbildung in fast alle Arbeitsbereiche, die die Selbstverwaltung einer Heimschule mit sich bringt, einbezogen. Dies geschieht auf sehr natürliche Weise, die den Veranlagungen der Kinder bewusst Rechnung trägt.
Wie schon vor einigen Jahren mit älteren, nicht mehr anwesenden Kindern praktiziert, äußerten die Schüle-rInnen den dringenden Wunsch, künstlerisch in der Abgusstechnik einer Hand unterrichtet zu werden. Trotz der neben der Projektarbeit sehr begrenzten Zeit, versuchte Hannelore Pichlbauer dem Anliegen zuentsprechen. Ein bisschen zu viel Zeitdruck, und Material, das der erforderlichen Qualität für ein stabiles End- produkt nicht entsprach, führten trotz intensiven Arbeitseinsatzes leider nicht in jedem Fall zu dem gewünschten Ergebnis. Von der sonstigen Projektbetreuung, einschließlich Einrichtung des Dental-Health-Programms, können wirdies erfreulicherweise durchaus sagen. Nur durch Ausfall unseres Rückfluges am 04.12., wegen heftiger Schneefälle in Deutschland, wurde der er-folgreiche Aufenthalt noch ein wenig getrübt.
Karlsruhe, den 14.12.2017