Coronasituation in Ladakh und an der Joybells School 2020/2021

Neben den dringlich gewordenen Anforderungen zum Klimaschutz, zur Armutsbekämpfung und Flüchtlingshilfe, für Meeresschutz, sauberes Wasser, Bildung, sowie für den Natur- und Tierschutz hält nun auch noch die Corona-Pandemie uns alle in Atem – und macht entlar-vend deutlich, dass und wie Vieles untrennbar miteinander verbunden ist.

Auch unsere Projektpartner und die Menschen in Ladakh stellt die aktuelle Situation vor enorme Herausforderungen – und sie brauchen unser Miteinander mehr denn je.

Zunächst jedoch ganz herzlichen Dank für Ihren Mitglieds- und/oder Patenschaftsbeitrag, bzw. Ihre Spende im zurückliegenden Halbjahr 2020.

Wir freuen uns sehr, dass Sie dies möglich gemacht haben trotz der sicher hier und dort auch angespannten eigenen Lebenssituation durch die Auswirkungen der Corona-Pandemie.

Die entsprechende(n) Zuwendungsbestätigung(en) fügen wir bei.

Zum Schutz der Menschen in Ladakh erforder(te)n die besonderen Umstände auch in der Vereinsarbeit gerade außergewöhnliche Änderungen und schnelle zusätzliche Unterstützung.

Die Schließung der Grenzen, aber auch gesundheitsbezogene Vorsicht hat uns vom alljähr-lichen Aufenthalt zur Projektebetreuung in Ladakh und Uttarakhand (JOYBELLS-School) vorerst Abstand nehmen lassen.

Ausfall der Hilfseinsätze

Ein völlig unzureichendes Gesundheitssystem und derzeit drastisch steigende Infektionszahlen im ‚Flachland‘-Indien lassen den Ausfall des Aufenthaltes in 2020, sowie die Aussetzung der alljährlichen, zahnärztlichen Hilfseinsätze sinnvoll erscheinen – selbst wenn die Infektionszahlen innerhalb Ladakhs erfreulich niedrig bleiben.

Dank unserer langjährigen, überaus zuverlässigen und vertrauenswürdigen Projektpartner ist ein Jahr ohne direkten Kontakt vor Ort mit keinerlei Risiko oder Nachteil für die unterstütz-ten Projekte und Menschen verbunden. Die Umstände hier und dort werden in Korrespon-denz und Verwaltung vermutlich allenfalls mit ein wenig mehr Zeitaufwand verbunden sein.

Da bitten wir im einen oder anderen Fall um Nachsicht.

Abgeschiedenheit von Vorteil

Die ‚natürliche‘ Abgeschnittenheit Ladakh’s von ‚der Welt‘ (über Land auch normalerweise wegen unüberwindbarer Pässe nicht erreichbar von ca. Oktober bis Mai) scheint zum ersten Mal ein wenig vorteilhaft zu sein: Nach drei Corona-infizierten Rückkehrern von einer Pilgerreise aus dem Iran im April, die mit allen Kontaktpersonen glücklicherweise schnell identifiziert und isoliert werden konnten, wähnte sich Ladakh vorübergehend Corona-frei. Im Verlauf wurden einzelne Personen positiv getestet. Alle Infizierten und deren Kontaktpersonen hatten unkomplizierte Genesungsverläufe, sodass man sich im Juni wieder auf bestem Wege zur Infektions-Freiheit sah.

Mit aufflammenden, auf beiden Seiten tödlich endenden Grenz-Streitigkeiten zwischen China und Indien in der unbewohnten und infrastrukturlosen Hochgebirgswüste und der Entsendung von indischen Truppen-Kontingenten nach Ladakh Ende Juni, stiegen die Infektionsfälle in Ladakh plötzlich in überraschenden Maße an. Auch die ‚corona-müde‘ Jugend in Ladakh trug mit Sorglosigkeit und fehlender Distanz wohl zur erneuten, schnellen Verbreitung bei.

Man ist jedoch zuversichtlich, mit drastischen Schutzmaßnahmen, vor allem in der kleinen Hauptstadt Leh, und ausreichender gesundheitlicher Versorgung den Anstieg schnell wieder unter Kontrolle zu bekommen.

Der Umgang der politisch Verantwortlichen und der Menschen in Ladakh gilt in Indien als vorbildlich verantwortungsbewusst und erfolgreich.

Für den Kauf von vier kontaktfreien Händewasch-Automaten (mit Fußbedienung) für medizinische Einrichtungen stellten wir unserem Projektpartner, dem ehrenamtlich arbeitenden Ärztehaus Li & VKV, im umgehend eine entsprechende Spende zur Verfügung. Überaus dringlich in einem Land, wo fließendes Leitungswasser auch in öffentlichen medizinischen Einrichtungen noch lange keine Selbstverständlichkeit ist.

Nach kurzem Training erhielten die Frauen des unterstützten Selbsthilfe-Projektes in Phyang von der ladakhischen Gesundheitsbehörde die Autorisation zur Maskenfertigung. Seither tragen sie bestmöglich bei zur vorgeschriebenen Schutzausrüstung der Menschen in Ladakh.

Ausfall der Tourismussaison

Der drohende, komplette Ausfall der Tourismus-Saison jedoch, die zu hohem Prozentsatz einzige Einkommensquelle ist für das Überleben auch in den fast beschäftigungs- und einkommenslosen, langen und harschen Wintermonaten im Hochgebirge, wird viele, nicht nur die ärmsten Familien, in der Folgezeit bis zum nächsten Frühsommer vor bedrohliche, existenzielle Probleme stellen.

Im Moment ist das aktive Alltagsleben der Familien in den Bergdörfern – geprägt durch Feld- und Viehwirtschaft zur Selbstversorgung – eher nur atmosphärisch oder emotional durch Corona betroffen. Das Wissen darum, dass möglicherweise keine Sommersaison-Einkünfte ab Oktober durch den langen Winter helfen werden, schwebt wie eine dunkle Wolke über allen und wird mit der wenig realistischen Hoffnung, dass sich vielleicht doch noch etwas positiv ändert vor dem Wintereinbruch, ein bisschen verdrängt.

Gleiches trifft auch auf die Einkünfte der Frauenprojekte zu. Im Moment arbeiten sie wie gewohnt - die Maskenproduktion hilft ein bisschen, die fehlenden Verkaufserlöse aus der Winterproduktion 2019/20 zu überbrücken.

Alle außerhalb Ladakhs Studierenden oder zur Schule gehenden Jugendlichen konnten glücklicherweise inzwischen trotz Reiseverbot und Schließung inländischer Grenzen unbe-schadet wieder nach Ladakh zurückkehren. Ihr häufig asiatisch geprägtes Aussehen hatte sie im außer-ladakhischen Indien immer wieder aggressiven und gefährlichen Angriffen aus-gesetzt. Eine Studentin berichtete, dass sie und ihre ladakhischen Freunde/Freundinnen in Delhi wiederholt (als vermeintliche Chinesen) verfolgt und beschimpft wurden ("go away, you bring corona to us!"). Sie wurden in der Metro angespuckt, ein Freund wurde zu-sammengeschlagen.

Die Schulen in Ladakh sind gemäß den für ganz Indien geltenden Vorschriften immer noch geschlossen. Die Möglichkeit des digitalen Unterrichtes ist nur an wenigen Schulen in der Hauptstadt Leh teilweise gegeben. Fehlende Ausstattung schließt vor allem die Kinder armer und mittelloser Familien davon aus. Abschlussprüfungen (Abitur) scheinen hier und da auf digitalem Wege stattzufinden.

Soweit ein paar Impressionen vom Leben mit Corona in Ladakh.

Wir schließen ab mit einigen wertschätzenden Worten, die uns kürzlich von LAMDON-School in Leh erreichten und vor allem Ihnen als Unterstützer gelten:

“We are so glad that the sponsors have paid for the students despite the difficult situation around the world. We thank you for always being there for Lamdon since many years and many more to come. Your kind and generous support is highly appreciated.“

Coronasituation an der JOYBELLS-School in Dehradun

Selten hat ein einziges Thema alle Gesellschaften und Kulturen so beherrscht. Die Menschen stehen vor der Herausforderung, mit der möglichen und/oder tatsächlichen Virusinfektionen umzugehen, unabhängig davon, ob sie im Globalen Norden oder im Globalen Süden leben. Die Ausgangsvoraussetzungen könnten jedoch kaum unterschiedlicher sein.

Immer wieder während der vergangenen Monate erreichten uns mitfühlende, berührende und ermutigende Worte auch unserer Projektpartner. Wissend, dass ihre eigene Situation aufgrund prekärer Gesundheitssysteme und/oder Zusammenbruch der Arbeits-/Einkommensstrukturen ungleich unsicherer oder gar überlebensbedrohend ist, fühlte sich das fast ein bisschen be-schämend an.

In dem gewohnten, jährlichen Aufenthaltsbericht werden wir Ihnen/Euch in diesem Jahr nicht über die unterstützte JOYBELLS-School berichten können. Mit den Schulleitern Joy und Col. S.S. Singh sind wir jedoch in gutem Kontakt – insbesondere auch über unser Mitglied Dr. Andreas Grützner, der das zahnärztliche Versorgungsprogramm an der Schule organisiert und betreut.

Als Heimschule für Kinder ohne Eltern oder Eltern in nicht unterhaltsfähiger Lebenssituation, musste die Schule nicht, wie fast alle sonstigen Schulen und Universitäten, komplett schließen. An der JOYBELLS-School leben und lernen derzeit ca. 20 Kinder.

Verlassen des Schulgeländes ist nur mit einer Art Passierschein erlaubt, wo immer möglich, versucht man auf Aussenkontakt und Besuch auf dem Schulgelände zu verzichten. Erfreulich war, immer wieder zu hören in den vergangenen Monaten, dass alle wohlauf und coronafrei sind. Unterricht findet wie gewöhnlich statt, für die Oberstufen überwiegend digital – was auch vor der Pandemie schon zum Schulkonzept gehörte.

Erhöhte Lebensmittel und Versorgungskosten

Allein der Wasserpreis stieg um ca. 40% - , die kostenintensive Unterhaltung des WLAN-Betriebs für den Unterricht, das Bemühen, Angestellte und Helfer zur Betreuung der Kinder, der Landwirtschaft und der Tiere nicht zu entlassen, stehen derzeit einem sich zunehmend entwickelten Wegbruch bisheriger Fördermittel gegenüber. Diese kamen zu nicht unerheblichem Maße auch von den Leitern der Schule, Joy und Col. S.S. Singh und ihrer weit verzweigten Familie. Ungleich drastischer als bei uns, brechen in Indien gerade auch bislang gut situierte, zukunftsträchtige Unternehmen zusammen und hinterlassen Eigner wie Beschäftigte im existenzbedrohlichen Nichts.

Selbst staatliche Pensionen, auf die man sich zu verlassen glaubte, werden derzeit gekürzt.

Während hier auch wir wieder – zumindest unbehaglich drohend – den Anstieg der Infektionszahlen wahrnehmen, erreichten uns jetzt – nicht unerwartet und auf sehr zurückhaltende Weise – die obigen Informationen über die einerseits erfreuliche, andererseits sehr angespannte finanzielle Situation an der Schule.

Dank deshalb vor allem Ihnen/Euch allen noch einmal für die auch in 2020 geleistete patenschaftliche oder spendende Unterstützung für dieses Projekt! Wo/wie immer es möglich ist, werden wir versuchen, hier zur Abwendung von wachsenden Problemen durch die Pandemie beizutragen.

Aber wir alle hier sind derzeit natürlich nicht ohne ‚handicap‘, was die Möglichkeiten der Mittelbeschaffung für den eigenen Lebensunterhalt und die Solidarität ‚für anderswo‘ betrifft – und sehr realistisch ist wohl, dass uns auch aus Ladakh in absehbarer Zeit noch einige Hilferufe erreichen werden.

Für das gesunde (distanzierte L ) Miteinander, Umsicht, Zuwendung und Solidarität werden wir wohl auch weiterhin alle denkbaren Ressourcen mobilisieren müssen.

Wir freuen uns, Euch / Sie auf diese Weise an unserer Seite zu haben